Jane Fränzke (10) aus Dornswalde fuhr am 15. Februar 1995 mit dem Rad zur Schule. Noch am selben Nachmittag wurde der unbekleidete Körper des Mädchens gefunden. Jane wurde missbraucht und erstochen.

Jane Fränzke

Jane Fränzke

Dornswalde ist ein Ortsteil der Stadt Baruth/Mark im Landkreis Teltow-Fläming in Brandenburg, rund 40 Kilometer von Berlin entfernt am nördlichen Rand des Baruther Urstromtals. Das weite Buschgrabengebiet lädt zu ausgiebigen Wanderungen ein, Pilzesammler kommen in der waldreichen Gegend auf ihre Kosten. Im Dorf selbst lebten in den 90ern kaum mehr als 100 Einwohner.

Familie Fränzke lebte in einem kleinem EFH in Dornswalde, das an der Dorfstraße lag und bestand aus dem Vater, einem Bauarbeiter, der Mutter, die halbtags als Verkäuferin arbeitete, dem damals 13-jährigen Dani und seiner drei Jahre jüngeren Schwester Jane. Sie besuchte die vierte Klasse der Grundschule in Baruth.

Mittwoch, der 15. Februars 1995, war ein eisiger Wintertag und trotzdem schien die Sonne. Die Geschwister frühstückten gemeinsam ohne die Eltern, die bereits zur Arbeit gegangen waren. Jane war guter Laune, obwohl sie nach dem Unterricht noch einen Zahnarzttermin hatte. Die Eltern hatten ihr aber deswegen erlaubt, mit dem neuen Fahrrad statt wie sonst mit dem Bus die 10 Kilometer zur Schule zu fahren. Etwa um sieben Uhr machten sich die beiden Kinder mit ihren Rädern auf den Weg.

Unterwegs trennten sich Dani und Jane: Der große Bruder bog zu einem Freund ab, Jane wollte ihrerseits einen Schulfreund im Nachbarort Radeland abholen. Doch sie kam zu spät, er war bereits weg. So fuhr das Mädchen allein zurück und nahm einen Landwirtschaftsweg. Sie war das letzte Kind an diesem Morgen, das zur Schule radelte. Dort kam Jane nie an.

Als Jane nicht wie erwartet bis 14 Uhr zu Hause war, machte sich die Mutter Sorgen und rief bei der Schule an. Sie erfuhr, dass ihre Tochter überhaupt nicht dort gewesen war. Die Großmutter gab kurz nach 14 Uhr eine Vermisstenanzeige bei der Polizei auf. Zu dieser Zeit war die besorgte Mutter mit ihrem Pkw schon auf der Suche nach ihrem jüngsten Kind. Noch dachte sie an einen Unfall – schließlich hatte Jane das erste Mal das Fahrrad für den Schulweg benutzt.

Der Wald bei Dornswalde, in Sepia
Von Löwe 48, CC BY-SA 3.0

Der 13-jährige Dani begab sich zusammen mit seinem Freund Sven per Moped auf die Suche und entdeckte das Fahrrad seiner kleinen Schwester bei einem Waldstück zwischen Radeland und Klein Ziescht. Rund 30 Meter vom eigentlichen Weg entfernt fanden die beiden wenig später das Mädchen im Unterholz.

Jane war tot und unbekleidet, die Schulmappe und heruntergerissenen Kleidungsstücke lagen verstreut um die Leiche herum. Die beiden Jungs informierten die Polizei, die schließlich die Mutter zum Tatort brachte.

Bei der Obduktion stellte sich heraus: Der Mörder hatte die Zehnjährige missbraucht und mehrmals ein Messer in den kleinen Brustkorb gerammt. Die Klinge der Mordwaffe war mindestens 16 Zentimeter lang.

Eine 15-köpfige Ermittlungsgruppe der Potsdamer Mordkommission nahm umgehend die Arbeit auf. Sie hatte schnell eine heiße Spur.

An dem Morgen, an dem Jane ihrem Mörder begegnete, beobachtete ein Zeuge aus seinem Fahrzeug heraus einen roten Golf 2, der am Waldrand stand - in unmittelbarer Nähe von dem Ort, wo später das tote Mädchen gefunden wurde. Der Fahrer des Golfs, der daneben stand, wandte sich bewusst ab, um nicht erkannt zu werden.

Kurz danach kam dem Zeugen Jane auf der falschen Straßenseite entgegen. Er musste dem Mädchen ausweichen, um Platz zu machen und ist damit der Vorletzte, der sie lebend sah. Als er einen Augenblick später in den Rückspiegel blickte, war die 10-Jährige verschwunden - es muss der Moment gewesen sein, in dem der Täter zugeschlagen hat.

Auf seinem Rückweg stand der Golf noch immer an der gleichen Stelle, der Fahrer war nun allerdings nicht mehr zu sehen. Der Zeuge, aufmerksam geworden, notierte sich das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs: LUK-C 561.

Noch ein drittes Mal wurde der rote Golf gesehen. In Dornswalde fuhr der Pkw am Mittag in Richtung Glashütte. Da die Lichtblende im Auto heruntergeklappt war, konnte niemand den Mann hinter dem Lenkrad erkennen.

Es stellte sich allerdings heraus, dass das Kennzeichen in der Nacht zuvor von einem Ford in Petkus abgeschraubt worden war. Hatte der Täter bereits Stunden zuvor geplant, ein Mädchen auf dem Schulweg abzufangen und zu missbrauchen?

In Zusammenarbeit mit dem einzigen Zeugen wurde ein Phantombild erstellt und ein Fahndungsaufruf herausgegeben. Der Täter wurde als ca. 25 bis 30 Jahre alt, 1m85 groß, mit Drei-Tage-Bart, beschrieben.

Phantombild des Golffahrers

Am Tatort wurden Spermaspuren gefunden, die aber mit Kot verunreinigt und für eine DNA-Analyse unbrauchbar waren.

Außer der Mordkommission Potsdam arbeiteten auch Privatleute an der Klärung des Kriminalfalls. Ein Ermittler der Berliner Detektei "SEKA" beteiligte sich an der Spurensuche und schickte regelmäßig Berichte über eigene Recherchen an die Mordkommission. Die Beamten zeigten sich wenig begeistert, mussten den Hinweisen aber nachgehen.

Ich kenne das Gefühl der Angst um ein Kind, das ist Motivation genug.
- Der Privatermittler

Er ist selbst ehemaliger Kriminaler und hatte immer wieder auf eigene Faust in der Gegend um Baruth im Süden Brandenburgs recherchiert. Er gab an, Hinweise zu haben, die den Kreis der Verdächtigen „auf wenige Personen eingrenzt“, darunter jemand, der in den bisherigen Ermittlungen „keine Rolle gespielt hatte“.

Trotz dieses Engagements, zahlreicher Hinweise aus der Bevölkerung, fieberhafter Kleinarbeit der Ermittler und der Ausstrahlung als Filmfall bei Aktenzeichen XY im Jahr 1996 konnte der Mörder von Jane bis heute nicht gefasst werden. Doch es gibt noch Hoffnung: die neuerliche Untersuchung von Janes Kleidung. Inzwischen können selbst kleinste biologische Substanzen auf Textilien entdeckt werden.

Ihr Mörder hat unsere Familie zerstört.
- Janes Mutter

Die Eltern Fränzke
Quelle: Pro Sieben, 1995

Ein Jahr später, an Janes Todestag, war das Kinderzimmer des Mädchens unberührt, nichts war verändert worden. Ihr Bruder Dani machte sich immer noch Vorwürfe, dass er die kleine Schwester an dem verhängnisvollen Morgen nicht begleitet hatte.

Die Mutter schien um Jahre gealtert und litt sehr darunter, die anderen Kinder zu sehen und sich zu fragen, was wohl aus Jane geworden wäre. Sie hatte in den vergangenen zwölf Monaten jede Nacht von ihrem Kind geträumt und es so zum Leben erweckt. Vom Fenster ihres kleinen Hauses sah sie auf den Friedhof gegenüber – auf Janes Grab.

Grab Jane Fränzke

Quelle: Unbekannt

Jane wäre heute 41 Jahre alt.

Ein Meilenstein des deutschsprachigen Kriminalfilms ist der Film "Es geschah am hellichten Tag“ (siehe "Die verschwundenen Kinder"). Das Drehbuch stammte vom Schweizer Autor Friedrich Dürrenmatt, der von dem Film jedoch nicht begeistert war. Er entwickelte seine Vorlage mit dem Kriminalroman "Das Versprechen" weiter. Im Mittelpunkt steht auch hier Kommissar Matthäi, der der Mutter eines ermordeten Mädchens verspricht, den Mörder zu finden. Während Matthäi im Film mit seinen Ermittlungen Erfolg hat, scheitert er im Roman letztlich an einem Zufall.

Auch der ehemalige Chefermittler im Mordfall Jane, Hartmut Jankowski, hat der Familie Fränzke dieses Versprechen gegeben. Neuneinhalb Jahre lang hat er den Täter gesucht und konnte ihn trotz vielversprechender Ansätze nicht finden. Er ist längst im Ruhestand, hofft aber immer noch, dass Janes Mörder eines Tages gefasst wird.

© Alle Rechte liegen bei Piri Robinson.
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