Manuela Bülow (7) verschwand am 9. September 1980 in Lübeck, Stadtteil St. Lorenz-Süd, auf dem knapp 15 Minuten langen Weg zur Schule. Am 11. April 1981 wurde ihr Körper am Gömnitzer Berg in einer Plastiktüte gefunden.

Manuela Bülow

Manuela Bülow
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Manuela Bülow

Suche mit einer Puppe
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9.9.1980
Zum Zeitpunkt ihres Verschwindens kann Manuela Bülow wie folgt beschrieben werden:
Alter: damals sieben Jahre
Größe: 1,25 Meter
Haare: braun
Augen: grün
Kleidung
braune Cordhose
gelbe Gummistiefel, gelbe Öljacke
Sie führte folgende Gegenstände mit sich:
blauer Schulranzen

St. Lorenz-Süd ist ein Stadtteil von Lübeck südlich der Eisenbahn-Linie. Anfang der 1980er Jahre war die Gegend geprägt von einem eher urban-industriellen Umfeld mit starkem Bezug zum Hafen und zum Arbeitermilieu. Der Stadtteil bestand vor allem aus Mehrfamilienhäusern aus der Gründerzeit sowie Nachkriegsbauten. Entlang der Trave und an der Moislinger Allee befanden sich diverse kleinere Industriebetriebe, Lagerhäuser und Werkstätten – teilweise mit Verbindungen zur Hafenwirtschaft.

Ein großer Teil der Bevölkerung bestand aus klassischen Arbeiterfamilien, viele in einfachen Mietverhältnissen. Bereits seit den 1960er Jahren lebten dort auch viele sogenannte Gastarbeiterfamilien, insbesondere aus der Türkei und dem damaligen Jugoslawien. Es war ein relativ junger Stadtteil mit vielen Kindern, was sich in der Dichte an Schulen und Spielplätzen widerspiegelte.

Neben kleinen Läden und Wochenmärkten war das Einkaufszentrum „Plaza“ an der Moislinger Allee (heute „LUV Shopping“) ein Knotenpunkt des Alltags. In der Moislinger Allee befindet sich auch die Bugenhagen-Schule.

Die Familie Bülow war eine ganz gewöhnliche Arbeiterfamilie, die seit einem halben Jahr in einem typischen EFH dieser Zeit in der Mittelstraße lebte. Manuelas Vater arbeitete als Elektriker in einer Lübecker Firma und hatte das Haus mit einigen Freunden selbst renoviert. Ihre Mutter Sigrid war Hausfrau. Manuela hatte vier Geschwister, Sigrid war im September 1980 hochschwanger - mit Zwillingen. Das Mädchen galt als brav, eher schüchtern und zurückhaltend.

Der 9. September 1980 war ein verregneter Dienstag im Spätsommer. Manuela, die die Klasse 2c der Bugenhagen-Schule besuchte, hatte an diesem Tag erst zur zweiten Stunde Unterricht. Ihr Vater und ihre Geschwister hatten das Zuhause bereits verlassen, während Manuela noch beim Frühstück saß. Aufgrund des schlechten Wetters an diesem Morgen zog sie gelbe Gummistiefel und eine gleichfarbige Öljacke an.

Manuela, die eine gute Schülerin war, ging pünktlich kurz nach 8 Uhr los und machte sich auf den knapp 15 Minuten langen Schulweg. Dabei kam sie auch am Haus ihrer Mitschülerin Brigitte vorbei, die noch beobachtete, wie Manuela korrekt die Straßenseite in Richtung Bugenhagen-Schule wechselte, bevor sie sich dann kurze Zeit später selbst auf den Weg machte.

Bugenhagen-Schule
© Jan Tappenbeck, Bild in Sepia

Am Unterricht nahm Manuela an diesem Morgen nicht teil, an der Schule wurde sie allerdings noch von einigen Zeugen gesehen. So erinnerte sich später eine Mutter, die ihre Tochter zur Schule gebracht hatte, am Schultor ein weinendes Mädchen gesehen zu haben. Sie konnte im Nachhinein zwar nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass es sich um Manuela gehandelt hatte, das Kind trug aber gelbe Gummistiefel und eine gelbe Öljacke.

Szenenbild Aktenzeichen XY

Einige Zeit später turnten zwei ältere Schüler auf dem Schultor herum und versperrten dabei einem kleinen Mädchen den Zutritt zum Schulhof. Das Mädchen wechselte daraufhin die Straßenseite und bat einen vorbeilaufenden Passanten um Hilfe. Dieser ermahnte die beiden Schüler, die daraufhin das Eingangstor öffneten. Ob das Mädchen, das mit gelben Gummistiefeln und gelber Öljacke bekleidet war, das Schulgebäude auch tatsächlich betreten hat, konnten sie hinterher nicht mehr sagen. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelte es sich aber um Manuela.

Gegen 11.30 Uhr hätte Manuela zu Hause sein sollen. Als sie bis 12:30 Uhr nicht auftauchte, erkundigte sich Sigrid Bülow im Sekretariat der Schule und erfuhr, dass ihre Tochter gar nicht im Unterricht gewesen war. Nachdem eine erste private Suchaktion keinen Erfolg brachte, meldeten die Eltern Bülow Manuela bei der Polizei als vermisst. Das Mädchen war noch nie einfach ausgeblieben oder weggelaufen.

Daraufhin begann eine großangelegte Suchaktion. Manuelas Vater suchte mit selbsterstellten Plakaten nahezu rund um die Uhr nach seiner Tochter, ein Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes und ein Schiff der Wasserschutzpolizei waren im Einsatz. Polizisten durchkämmten immer wieder das ganze Viertel, Lautsprecherwagen fuhren durch die Straßen und informierten die Bevölkerung.

Amateurfunker organisierten per CB-Funk Suchtrupps und Nachforschungen in bis zu 100 km Reichweite.

In der Lokalzeitung wurde täglich berichtet, im Lübecker Verlagshaus eine lebensgroße Puppe ausgestellt, die die Kleidung des vermissten Mädchens trug: die gelben Gummistiefel, die gelbe Öljacke, eine braune Cordhose und auch den blauen Schulranzen.

Vermißt - Manuala Bülow

275 Fahndungsplakate wurden in der ganzen Stadt und in der näheren Umgebung aufgehängt.

Alle Spuren verliefen im Sande, Manuela blieb verschwunden.

Der Vermisstenfall Manuela Bülow erinnerte die Lübecker unangenehm an ein anderes 7-jähriges Mädchen, das 4 Monate zuvor in Lübeck verschwunden und ermordet worden war. Ganz Deutschland nahm daran Anteil und hat bis heute nicht vergessen, was damals geschah.

Am 5. Mai 1980 schwänzte die siebenjährige Anna Bachmeier nach einem Streit mit ihrer Mutter die Schule und geriet auf dem Weg zu ihrer Freundin an den späteren Täter, den Schlachter Klaus Grabowski (35). Er hielt sie bei sich zu Hause mehrere Stunden fest und erdrosselte sie anschließend mit einer Strumpfhose.

Dann packte er die gefesselte Leiche des Mädchens in einen Karton und stellte ihn am Ufer eines Kanals in einer Mulde ab, später legte er die Leiche in ein Loch und bedeckte sie mit Erde. Er offenbarte sich seiner Verlobten, die daraufhin zur Polizei ging. Am Abend wurde er in einer Gaststätte festgenommen.

Grabowski war ein vorbestrafter Sexualstraftäter, der wegen sexuellen Missbrauchs zweier Mädchen verurteilt worden war. Während seiner Haft ließ er sich 1976 kastrieren, unterzog sich aber zwei Jahre später einer Hormonbehandlung, die seinen Sexualtrieb wiederherstellen sollte. Ob das Mädchen tatsächlich missbraucht wurde, konnte nicht geklärt werden.

Grabowski erklärte, dass Anna ihn erpresst habe: Sie habe gedroht, ihrer Mutter zu erzählen, sie sei von Grabowski sexuell belästigt worden, wenn er ihr nicht 1 Mark gebe. Aus Angst, nach einer solchen Behauptung aufgrund seiner Vorstrafe wieder ins Gefängnis zu müssen, habe er Anna schließlich erdrosselt.

Bei dieser Version blieb Grabowski auch beim Gerichtsprozess. Die Mutter, die 31-Jährige Marianne Bachmeier, nahm an dem Prozess teil und konnte, wie sie später aussagte, nicht ertragen, dass er ihrer Tochter eine Mitschuld an dem Mord geben wollte. Sie beschloss, ihn zu töten.

Ich wollte ihm ins Gesicht schießen. Leider habe ich ihn in den Rücken getroffen. Hoffentlich ist er tot!
- Marianne Bachmeier

Am 6. März 1981, dem dritten Verhandlungstag im Strafprozess, schmuggelte Marianne Bachmeier in ihrer weiten Manteltasche eine Pistole in den Gerichtssaal des Lübecker Landgerichts. Sie näherte sich Grabowski von hinten, holte die Waffe hervor, zielte auf seinen Rücken und drückte insgesamt achtmal ab. Sechs Schüsse davon waren tödlich; der 35-jährige Grabowski war sofort tot. Marianne Bachmeier lässt sich widerstandslos festnehmen.

Der Fall erzeugte ungeheure Aufmerksamkeit und wurde zum Medienthema Nummer eins. Wer eigene Kinder hatte, konnte sich gut in die Gefühle einer Mutter hineinversetzen, die in einem Prozess dem Mörder ihres Kindes gegenübersitzt und sich anhören muss, ihr Kind trage eine Mitschuld an seiner Ermordung.

Marianne Bachmeier wurde nun selbst wegen Mordes angeklagt. Am 2. November 1982 begann in Lübeck der Prozess gegen sie.

Zum Zeitpunkt, als Manuela verschwand, saß Grabowski bereits in Untersuchungshaft. Eltern warnten ihre Kinder damals eindringlich vor sogenannten 'Mitschnackern': Männern, der aus sexuell motiviertem Interesse Kinder ansprechen, um sie zu überreden, mit ihnen zu gehen.

Süsel ist eine kleine Gemeinde im Kreis Ostholstein in Schleswig-Holstein, etwa 30 km von Lübeck entfernt. Am Samstag, den 11. April 1981, lief dort eine Woche vor Ostern die „Aktion Saubere Landschaft“. Der Bürgermeister der kleinen Gemeinde hatte alle Mitbürger – insbesondere aber die Schulkinder – aufgefordert, bei der Beseitigung von Unrat zu helfen. Die Aktion war ein voller Erfolg, ganze Wagenladungen an Müll sammeln die Einwohner von Süsel an diesem Tag.

Der Bürgermeister selbst wurde an der Müllsammelstelle auf einen blauen Schulranzen aufmerksam: auf den Heften stand der Name Manuela Bülow. Die Polizei wurde eingeschaltet und durchkämmte das Gebiet rund um den Gömnitzer Berg, den Fundort des Schulranzens. Wenig später wurde in einem noch nicht gereinigten Straßengraben eine blaue Plastiktüte mit den sterblichen Überresten von Manuela gefunden – sieben Monate nach ihrem Verschwinden. Sie wurde entkleidet und mit einem Elektrokabel erdrosselt.

Ganz in der Nähe der Leiche entdeckte die Polizei auch die Kleidung des Mädchens, die von den Eltern zweifelsfrei identifiziert wurde. Außerdem wurden ein verkohltes Telefon, Gardinen mit Brandspuren und verschiedene Drähte gefunden. Durch die Auffindesituation der Leiche und der Gegenstände war die Polizei schnell sicher, dass alles bereits kurz nach dem 9. September 1980 von ein und derselben Person abgelegt wurde.

Am 16. Oktober 1981 wurde der Fall "Mord am Gömnitzer Berg" bei Aktenzeichen XY ausgestrahlt. Mehrere Zuschauer erinnerten sich an einen Wohungsbrand ganz in der Nähe des Elternhauses von Manuela Bülow, bei dem ein solches Telefon und Gardinen in Mitleidenschaft gezogen worden seien.

Der Verdacht fiel auf den Bewohner der Wohnung, in der es gebrannt hatte: Karl-Heinz L., einen 36-jährigen Schiffskoch, der bereits zuvor von der Polizei überprüft wurde. Inzwischen war er wieder auf hoher See unterwegs – erst Mitte Mai 1982 konnte er im französischen Le Havre festgenommen und nach Deutschland überstellt werden.

Ich habe damit nichts zu tun, ich habe das Mädchen nie gesehen, ich habe nur die Fotos in den Zeitungen gesehen – nach ihrem Tode.
- Karl-Heinz L.

Am 3. Mai 1983 begann die Schwurgerichtsverhandlung gegen Karl-Heinz L. vor dem Landgericht Lübeck. Im Zuge dieser Verhandlung gab er zu, einem Lübecker Geschäftsmann 12.800 DM aus dem Tresor gestohlen zu haben, den Mord an Manuela Bülow bestritt er jedoch vehement.

Am 9. September 1980, dem Tag des Verschwindens der 7-Jährigen, wollte Karl-Heinz L. in Bonn bei Verwandten gewesen sein, ein Brief der Bonner Verwandtschaft belegte dies. Der Verwandtschaftsbesuch wurde vom Gericht bezweifelt, es stellte sich auch heraus, dass L. bereits im Jahr 1974 versucht haben sollte, eine 12-Jährige zu vergewaltigen.

Möglicherweise wird hier ein Mann freigesprochen, der einen anderen Menschen umgebracht hat. Noch unerträglicher aber ist der Gedanke, ein Unschuldiger könnte zu einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt werden.
- Staatsanwalt Klaus-Dieter Schultz

Obwohl vieles den Angeklagen erheblich belastete, wurde er am 20. Mai 1983 vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen. Der Verdacht aber blieb. Für den Diebstahl der 12.800 DM musste Karl-Heinz L. mehrere Jahre ins Gefängnis.

Der Mord an Manuela Bülow bleibt bis heute ungeklärt und ungesühnt.

Quelle: Wikipedia

Marianne Bachmeier starb mit 46 Jahren an Krebs. Das Gemeinschafts-Grab auf dem Burgtorfriedhof Lübeck wurde 2014 eingeebnet, 2017 aber mit einer Grabplatte versehen. Diese trägt Namen und Lebensdaten von Mutter und Tochter.

© Alle Rechte liegen bei Piri Robinson.
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